Allgemeine Homöopathische Zeitung 2024; 269(05): 4
DOI: 10.1055/a-2283-3093
Forum (Referate)

Systematischer Review zur Homöopathiekritik

Ulrich Koch

Schulz VM, Ücker A, Scherr C, Tournier A, Jäger T, Baumgartner S. Systematic review of conceptual criticisms of homoeopathy. Heliyon 2023; 9: e21287

Da die Homöopathie anhaltend im Fokus kritischer Auseinandersetzungen steht, untersuchen die Autoren in ihrem systematischen Review, inwieweit diese Diskussion auch auf wissenschaftlicher Basis in der Fachliteratur stattfindet. Hierbei wurde eine umfangreiche Suche in verschiedenen Datenbanken durchgeführt, um Arbeiten, deren Hauptgegenstand die Homöopathiekritik ist, die in einer Peer-reviewten Zeitschrift erschienen sind und die zudem die für eine wissenschaftliche Publikation üblichen IMRaD-Kriterien (Introduction, Methods, Results and Discussion) wenigstens teilweise erfüllen, zu identifizieren und sie nach den aktuellen Anforderungen an einen systematischen Review zu analysieren (PRISMA).

Bei der Literaturrecherche fanden sich initial 5139 Artikel, von denen nach dem Ausschluss von Duplikaten lediglich 15 aus dem Zeitraum zwischen 1959 und 2020 die Einschlusskriterien erfüllten. Dabei wiesen nur 4 Arbeiten mehr als 8 von möglichen 11 Punkten des IMRaD-Scores auf. Die angeführten Kritikpunkte fassen die Autoren in 5 Gruppen zusammen: „Konflikte mit aktuellen wissenschaftlichen Prinzipien und Grundlagen moderner Medizin“, „Fehlen wissenschaftlicher Basis“, „Argumente auf der Grundlage wissenschaftlicher Theorien“, „Ethische Erwägungen und soziale Konsequenzen“ und „Fehlen empirischer Evidenz“. Hierbei empfehlen die Autoren eine tiefergehende Analyse der einzelnen Argumente, weisen aber auch vorsorglich darauf hin, dass bereits beim Vorliegen einer minimalen Evidenz die letzte Argumentegruppe nicht mehr haltbar ist.

Zusammenfassend erfüllen von den bei einer breiten Suche gefundenen 15 Artikeln aus einer Zeitspanne von etwa 60 Jahren nur wenige die strukturellen Anforderungen einer wissenschaftlichen Publikation und decken auch nur einen Teil der sich wiederholenden Argumente ab.

Auf dieser Basis schlussfolgern die Autoren, dass eine wissenschaftliche Diskussion über die grundlegenden Konzepte der Homöopathie – entgegen ihren eigenen Erwartungen – in der Fachliteratur so gut wie nicht stattgefunden hat. Beim Lesen dieses systematischen Reviews bleibt die unangenehme Vermutung, dass sich die Gegnerschaft der Homöopathie lieber auf populärwissenschaftliche Publikationen und Blogbeiträge konzentriert hat, anstatt ihre Argumente substanziell auszuarbeiten und in Fachkreisen zu diskutieren.

Ulrich Koch



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Article published online:
12 September 2024

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